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Religion an der Börse – indischer Tempel akzeptiert Wertpapiere als Spende

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© Snehal Jeevan Pailkar – 453451837 / Shutterstock.com

Geldanlagen und der Glaube müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. In Mumbai, der größten Metropole Indiens, bietet der Shree Siddhivinayak Ganapati Tempel seinen Besuchern nun die Möglichkeit, Aktien und Anleihen als Spende zu übertragen. Dafür hat die Stiftung, die das Vermögen des Tempels verwaltet, eigens ein Depot, einen sogenannten „Demat Account“, errichtet.

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„Demat“ steht für „dematerialized“, also entmaterialisiert. Dies bedeutet, dass Aktien und andere Anlagen in elektronischer Form gehandelt werden, um die Sicherheit zu erhöhen und den Handel zu vereinfachen. Da die Anlagen nicht mehr in physischer Form vorliegen, ergeben sich für die Teilnehmer an diesem System diverse Vorteile:

  • Kostenersparnis: Beim Handel mit elektronischen Wertpapieren entfallen die Stempelsteuern (stamp duty), die bei physischen Wertpapieren anfallen.
  • Aufbewahrung: Die elektronischen Anlagen sind sicher vor physischen Einflüssen.
  • Vereinfachte Übergabe: Weniger Verwaltungsarbeit und die Übertragung auf elektronischem Wege beschleunigen den Handelsvorgang.
  • Erhöhte Sicherheit: Die Gefahren des Diebstahls, falscher Lieferungen oder gefälschter Wertpapiere werden drastisch eingeschränkt.

Bereits 1996 hat Indien durch den Depository Act das „Demat System“ eingeführt. Nun ist es den Gläubigen in Mumbai möglich, ihre Spenden an den Gott Ganesha auf diesem Wege zukommen zu lassen. Dieser gilt als ein elefantenköpfiger Gott und als am meisten geliebter Gott im Hinduismus. Aber nicht nur Hindus, sondern auch Buddhisten und Janis verehren ihn sehr.

Humanitäre Arbeit des Tempels

Da die Bevölkerung in Mumbai zu zwei Dritteln aus Hindus besteht, ist es nicht verwunderlich, dass der Shree Siddhivinayak Ganapati Tempel zu den reichsten Tempeln des Landes zählt. Regelmäßige Besuche aus der indischen Oberschicht und von Bollywood-Filmstars, die hauptsächlich in Mumbai drehen, sorgen für einen hohen Spendenfluss. Die jährlichen Spendeneinnahmen belaufen sich auf mehrere Millionen Euro, in Form von Geld, Gold oder anderen Edelmetallen - und nun auch Wertpapiere.

Die gespendeten Wertpapiere werden aber von der Stiftung, dem Shree Siddhivinayak Ganapati Temple Trust, nicht gehalten, sondern veräußert und kommen daraufhin sozialen Zwecken zugute. Auch in Indien öffnet sich die Schere zwischen arm und reich immer mehr und die Vermögensungleichheit nimmt zu. Das Engagement des Tempels für die ärmere Bevölkerung ist landesweit bekannt.

2013 erhielt die Stiftung den „Best Trust Award“ von der NBC, eine der größten Medienpreise in Indien, für ihre herausragende humanitäre Arbeit und sozialen Aktivitäten. Nun sollen mit der Integration in das „Demat System“ neue Spendengelder erschlossen werden, die wiederum in neue Projekte fließen sollen.

Mittlerweile gibt es weltweit natürlich weitere elektronische Verfahren, mit denen sich Wertpapiere und Aktien halten und handeln lassen. Die Auswahl ist groß und ein Vergleich der verschiedenen Aktiendepots bietet sich vor allem im Internet an. Göttlicher Beistand wie beim Siddhivinayak Tempel ist hier allerdings nicht mit inbegriffen.

Indiens Liebe zum Gold verschärft Handelsbilanzdefizit

Neben Geldspenden sind sonst auch Edelmetalle, vor allem Gold, in Form von Schmuck, Münzen oder gar Barren üblich. Gold ist ein integraler Bestandteil der indischen Kultur und Glaubenswelt. Das ist auch ein Grund, warum die Tempel in Indien über enorme Goldvorräte verfügen. Bereits mehrfach wurde von der indischen Regierung der Versuch unternommen, das Gold der Tempelgemeinden zu monetarisieren oder einen Teil des Goldbedarfs der Bevölkerung darüber zu decken.

Denn die Goldimporte sind ein entscheidender Faktor für das große Handelsbilanzdefizit, das Indiens Volkswirtschaft jedes Jahr erwirtschaftet. Im Jahr 2015 hatte Indien einen Goldbedarf von 947 Tonnen und liegt damit auf Rang zwei der Weltrangliste hinter China. Da der Großteil des Goldes nach Indien importiert werden muss, schlägt sich dies natürlich in der Handelsbilanz nieder. Dadurch entstand auch im Jahr 2015 wieder ein großes Defizit in Höhe von fast 125 Milliarden US-Dollar. 2012 lag dieser Wert sogar bei 192 Milliarden US-Dollar.

Info Handelsbilanz

Die Handelsbilanz bezieht sich auf den Außenhandel eines Landes und stellt in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung alle Warenimporte und -exporte gegenüber. Anzustreben, in der Realität aber kaum realisierbar, ist eine ausgeglichene Handelsbilanz. Eine negative Handelsbilanz führt zu einem Abfluss des Kapitals aus einem Land und kann zu einer Abwertung der Währung führen. Eine positive Handelsbilanz führt zwar zu mehr Investitionen, bringt aber eine wirtschaftliche Abhängigkeit von den Handelspartnern mit sich. Deutschland als Exportweltmeister hat im Jahr 2015 einen Handelsbilanzüberschuss von 247,9 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Anlagestrategien mit religiösem Flair

Aber nicht nur der Hinduismus ist mit Wertpapieren vertraut. Immer mehr Fonds vertrauen auf ethische und religiöse Werte. So werden speziell für verschiedene Religionen unterschiedliche Wertpapiere in Fonds zusammengefasst, die den religiösen Werten entsprechen. Die schweizerische Großbank Crédit Suisse hat zum Beispiel einen Scharia-konformen Islam-Aktienfonds namens „Equity al Buraq“ im Angebot.

Von solchen Investmentfonds stehen mittlerweile etwa 100 Modelle zur Verfügung, die sich an die Regeln des Islam halten. Somit sind in diesen Fonds beispielweise keine Schweinefleisch- oder Alkoholproduzenten vertreten. Aber auch keine Banken, die ihre Erträge mit Zins erwirtschaften - da die Erhebung von Zinsen dem muslimischen Kodex widerspricht.

Dies war auch in der katholischen Kirche der Fall, bis Papst Pius VIII. im Jahr 1830 das Zinsverbot aufhob. Nach christlichen Kriterien angelegte Fonds beinhalten demnach also auch Wertpapiere von Banken. Ausgeschlossen werden hier aber Unternehmen mit ethisch fragwürdigen Produkten wie Alkohol, Waffen oder Glücksspiel. Der ebenfalls bei der Crédit Suisse aufgelegte Fonds „Christian Values“ bekam sogar von der päpstlichen Universität Regina Apostolorum die Vereinbarkeit mit den katholischen Werten bescheinigt.

Im Vergleich mit Fonds, die nach rein ethischen Regeln ausgewählte Anlagestrategien verfolgen, liegen die religiös orientierten Fonds finanziell betrachtet allerdings im Hintertreffen. Die Rendite liegt bei ethischen Fonds, die auf Unternehmen mit Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein abzielen, etwas höher. Das liegt vor allem daran, weil diese nicht dermaßen rigorose Ausschlusskriterien beinhalten. Darüber hinaus ist der Begriff der Ethik überaus dehnbar und lässt viele gewinnbringende Unternehmen zu, die bei den religionskonformen Fonds häufig ausgeschlossen werden.

Somit erweisen sich die religiös geführten Kapitalanlagen eher als Beruhigung des Gewissens für gläubige Anleger. Die höchste Rendite ist mit ihnen nicht zu erzielen. Da könnte der Gang in einen indischen Tempel und eine Spende verbunden mit einem Gebet an Ganesha zur Erfüllung der eigenen Wünsche, eventuell mehr Früchte tragen.

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